Bankgeheimnis

Bankgeheimnis
1. Begriff: Vertragspflicht der Bank, über sämtliche Tatsachen und Wertungen und somit über alle einen Kunden betreffenden Angelegenheiten Stillschweigen zu bewahren. Das B. ist in Deutschland – anders als z.B. in der Schweiz – nicht als solches gesetzlich geschützt. Vielmehr handelt es sich um eine nebenvertragliche Pflicht im Verhältnis Bank – Kunde. Selbst Kenntnisse, die im Rahmen der Abwicklung eines Geschäftsvorfalls über einen Nichtkunden erlangt wurden, unterliegen dem B., sofern die Information in die Geheimhaltungspflicht einer anderen Bank fällt. Das B. kann für Bankmitarbeiter im Zivilprozess gemäß § 383 I Nr. 6, § 384 Nr. 3 ZPO zu einem aus persönlichen oder sachlichen Gründen berechtigten Zeugnisverweigerungsrecht im arbeits-, sozial-, verwaltungs- und insolvenzrechtlichen Verfahren gelten die zivilporzessualen Vorschriften entsprechend.
- 2. Das B. ist allerdings aufgrund gesetzlicher Auskunftspflichten durch zahlreiche weitere Vorschriften durchbrochen. So z.B. durch: a) Die Strafprozessordnung, wenn strafprozessual ein Anfangsverdacht besteht, bestehen Auskunftspflichten gegenüber Staatsanwaltschaft, Ermittlungsrichter und Gericht (Aussagepflicht als Zeuge gemäß § 161a StPO).
- b) Das Kreditwesengesetz aufgrund von Meldepflichten und Auskunftsersuchen gemäß §§ 44 ff. KWG, die alle kundenbezogenen Daten erfassen; durch die Einführung des § 24c KWG im Jahr 2002, wonach die automatisierte Abrufbarkeit von wenigen, explizit aufgeführten Kontoinformationen bei Kreditinstituten für Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden vorgeschrieben wird.
- c) Das Geldwäschegesetz, z.B. durch Verdachtsanzeigepflicht und Identifizierungspflichten – bes. des wirtschaftlich Berechtigten (§ 2 Geldwäschegesetz).
- d) Das Wertpapierhandelsgesetz, z.B. bei der Erfüllung von Meldepflichten und der laufenden Überwachung des Geschäfts in Insiderpapieren.
- e) Das Steuerstrafverfahren; Kreditinstitute sind gegenüber den Finanzbehörden auskunftspflichtig, wenn ein „hinreichender Anlass“ zur Annahme von Steuerhinterziehung besteht; Umsetzung Internationaler Embargoregelungen.
- f) Das Außenwirtschaftsgesetz. – g) Anzeigepflicht beim Tod eines Kunden gegenüber dem für die  Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt, u.a. hinsichtlich der Guthabenkonten und Wertpapierdepots (§ 33 ErbStG). Bei Kenntnis vom Tode eines Kunden sind seitens der Bank alle Vermögensgegenstände dem zuständigen Finanzamt anzuzeigen, jedoch nur, sofern 1.200 Euro überschritten werden (§ 1 ErbStDV). Schrankfächer, die an den Verstorbenen vermietet waren, sowie vom Verstorbenen hereingenommene Verwahrstücke sind ebenfalls zu melden.
- Aus der Auflistung wird deutlich, dass Finanzmarktaufsichts- und Ermittlungsbehörden bei der Bekämpfung der Geldwäsche und bei Strafverfahren durch das privatrechtliche Bankgeheimnis in keinem Fall behindert werden. Insofern geht die Diskussion um die Gefahr der Einschränkung oder Abschaffung des Bankgeheimnisses oft von unzutreffenden Voraussetzungen aus.
- 3. Ferner ist in § 30a AO das sog. Steuergeheimnis normiert, welches den Steuerbehörden den systematischen Einblick in die Geschäftsbeziehungen zwischen Bank und Kunde verbietet. Auch das Steuergeheimnis unterliegt zahlreichen Durchbrechungen: a) § 30a AO hat keine Geltung im Steuerstrafverfahren; b) nach § 30a i.V. mit § 93 AO sind Einzelauskunftsersuchen an Banken zulässig; c) im Rahmen von Außenprüfungen beim Bankkunden.

Lexikon der Economics. 2013.

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